Stellungnahme zur geplante Abwicklung der Studiengänge Information Science an der Hochschule Darmstadt

An die
Hochschule Darmstadt

Berlin, 04.02.2024

Anlässlich der zu beratenden Schließung der informationswissenschaftlichen Studiengänge

Sehr geehrter Herr Präsident Prof. Dr. Steinmetz, sehr geehrtes Dekanat des Fachbereichs Media – Herr Prof. Dr. Schmunk, Frau Prof. Dr. Pia Helferich, Frau Prof. Heinzel,
sehr geehrter Herr Prof. Dr. Nazemi, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

im Namen der KIBA (Konferenz der bibliotheks- und Informationswissenschaftlichen Ausbildungs- und Studiengänge) und des Hochschulverbands Informationswissenschaft (HI) bringen wir mit diesem Schreiben unsere Bestürzung über die geplante Abwicklung der Studiengänge Information Science zum Ausdruck.

Die Auflösung dieser Studiengänge würde die derzeitigen Studierenden und künftigen Interessent*innen hart treffen und eine Lücke in der Bildungslandschaft für qualifizierte Nachwuchskräfte hinterlassen. Sie wäre darüber hinaus auch ein Schlag für die akademische Disziplin der Informationswissenschaft, und insbesondere für die bibliothekarische Profession und für die Bibliotheken, aber auch andere Gedächtnis-institutionen und Informationsinfrastruktureinrichtungen in der Region und im ganzen deutschsprachigen Raum.

Das Fach Informationswissenschaft ist ein wichtiges Bindeglied zwischen Theorie und Praxis der digitalen Transformation und wird in dieser kritischen Phase der digitalen Entwicklung dringend gebraucht. Die Informationswissenschaft nimmt konsequent den organisatorischen, wissenschaftlichen und sozialen Kontext von Informationsinfrastrukturen, deren unterstützende Technologien sowie die menschlichen Interaktionen mit Infrastrukturen und Technologien in den Blick, seien es generative KI, automatische Erschließung, Big Data oder Fake News. Informationskompetenz, Stewardship, Kuratierung, Aufbereitung und Zugänglichkeit sind Aspekte, die nicht nur für Bibliotheken, sondern immer mehr Organisationen spezielle Fähigkeiten und Wissen erfordern. Mit diesem Fokus unterscheidet die Informationswissenschaft sich z.B. von der Informatik oder Data Science und ergänzt diese Fächer um Fragestellungen, die dort keinen Platz finden.

Als “kleines Fach” ist die Informationswissenschaft auf eine enge Zusammenarbeit, jede Professur und jeden Studiengang angewiesen. Der Wegfall eines Standorts reißt in dieses dünne Netz ein tiefes Loch und würde auch die Hochschule Darmstadt der Möglichkeit berauben, eine herausragende Rolle in einem anspruchsvollen wissenschaftlichen Feld einzunehmen.

Mit der Schließung von Information Science würde die einzige Studienmöglichkeit in Hessen (und eine von zwei Hochschulen in Süddeutschland) wegfallen, an der sich Studierende bewerben und für eine bibliothekarische Tätigkeit qualifizieren können.

Die Karriere-Aussichten im öffentlichen wie kommerziellen Bibliotheks-, Informations- und Dokumentations-Bereich (BID-Bereich) sind derzeit hervorragend. Die Einstellung des Studiengangs würde Interessent*innen aus der Region und darüber hinaus den Zugang zu dieser Karriere erschweren, wenn nicht gar verstellen. Neben der Deutschen National-bibliothek, sieben großen Stadtbibliotheken und 20 Hochschulbibliotheken, darunter die Universitäten in Frankfurt, Darmstadt, Kassel und Marburg, gibt es in der Region zahlreiche Informationseinrichtungen aller Art (z.B. das Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation DIPF), die Absolvent*innen mit informationswissenschaftlicher Qualifikation dringend benötigen. Insbesondere der informationstechnische Schwerpunkt der Studiengänge stößt auf großes Interesse bei den potentiellen Arbeitgebern.

Öffentliche BID-Einrichtungen leiden derzeit bereits unter einem akuten Fachkräftemangel, der sich in den nächsten Jahren noch zuspitzen wird. Die bibliothekarischen Verbände haben vor wenigen Monaten eine konzertierte Aktion zur Akquise von Berufseinsteigenden, Studieninteressierten und Auszubildenden gestartet. Dazu kommen steigende Anforderungen aus der wissenschaftlichen Infrastruktur, die weitere Berufsfelder für Absolvent*innen eröffnen (z.B. Data Stewards). Es ist voreilig, einen Studiengang abzuwickeln, bevor die Wirkung dieser und anderer Kampagnen auf die Studierendenzahlen abgeschätzt werden kann.

Das duale / praxisintegrierende Studienmodell der Hochschule Darmstadt ist wegweisend für andere Hochschulen im BID-Bereich und enthält das Potenzial, das Fach und die Studiengänge neu aufzustellen. Wie die Erfahrung aus anderen Studiengängen zeigt, benötigen duale Modelle einige Anlaufzeit, um sich bei den möglichen Praxispartnern zu etablieren und bei Bewerber*innen bekannt zu werden.

Wir fordern alle Beteiligten auf, die Bachelor- und Masterstudiengänge Information Science – ggf. in einem neuen Format oder anderen Strukturen – unbedingt zu erhalten. Mit Nachdruck rufen wir alle Beteiligten auf, Lösungen zu finden, um bibliotheks- und informationswissenschaftliche Themen weiterhin zu erforschen und zu lehren.

Mit freundlichen Grüßen

Der Vorstand des Hochschulverbands Informationswissenschaft

Dr. Stefan Dreisiebner (Fachhochschule Kärnten)
Magdalena Dresler (Universität Hildesheim)
Dr. Ulrich Herb (Saarländische Universitäts- und Landesbibliothek)
Prof. Vivien Petras, PhD (Humboldt-Universität zu Berlin)
Prof. Dr. Philipp Schaer (Technische Hochschule Köln)
Prof. Dr. Wolfgang Semar (Fachhochschule Graubünden)
Timo Spinde (Universität Göttingen)
Prof. Dr. Julia Struß (Fachhochschule Potsdam)

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