Der HI stellt vor: Die Düsseldorfer Informationswissenschaft

In der Reihe Der HI stellt vor möchten wir regelmäßig die Hochschulstandorte der Informationswissenschaft vorstellen und somit die Vielfalt der Forschungs- und Lehrinhalte demonstrieren. Weitere Beiträge der Reihe finden Sie dann in Zukunft auf der entsprechenden Kategorieseite

Die Abteilung Informationswissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf zeichnet sich durch ein breitgefächertes Forschungsportfolio sowie ein innovatives und diverses Lehrangebot aus. In Düsseldorf gab es die Möglichkeit, das Fach Informationswissenschaft sowohl im integrativen Bachelorstudiengang (Informationswissenschaft und Sprachtechnologie) zu studieren, als auch im Ergänzungsfach ergänzend zu verschiedenen Kernfächern der Philosophischen Fakultät. Seit dem 30. September 2020 sind das Ergänzungsfach und der integrative Studiengang eingestellt.[1] Schwerpunkt der Bachelorstudiengänge waren die Module Information Retrieval, Wissensrepräsentation, Informetrie und angewandte Informationswissenschaft. In den letzten Jahren bot insbesondere das Modul angewandte Informationswissenschaft aktuelle Themen, wie Open Science, Gamification, Smart Cities, Social Media aber auch Digital Humanities an. Der Masterstudiengang ermöglicht den Studierenden vor allem ihre erlernten Fähigkeiten in die Praxis umzusetzen (z.B. durch selbst entwickelte Suchmaschinen im Bereich Information Retrieval) sowie ihr Wissen im Modul Wissensrepräsentation und Wissensmanagement zu vertiefen. Auch wird in der Lehre die Zusammenarbeit mit Organisationen und Unternehmen in Düsseldorf angestrebt.[2] In einem zu absolvierendem Teamprojekt erhalten die Studierenden die Möglichkeit eigenständig eine Forschungsstudie auszuarbeiten, die sie anschließend für eine Fachzeitschrift oder eine Konferenz einreichen können.[3] In innovativen Lehr-Lernformaten, wird nicht nur die Theorie, sondern auch der praktische Bezug hergestellt: In der Vorlesung erleben Studierende durch „Die Legende von Zyren“[4] Gamification hautnah und in diversen Seminaren wurden unter anderem eigene Apps erstellt oder ganze Google Adwords Kampagnen für lokale Unternehmen konzipiert.

Forschung

Die Forschung der Düsseldorfer Informationswissenschaft fällt durch ihre Themenvielfalt auf. Eine anwendungsorientierte bzw. nutzerorientierte Perspektive ist Teil vieler Forschungsarbeiten der Kollegen:innen aus Düsseldorf. Dabei werden je nach Bedarf und Anforderungen verschiedene quantitative und qualitative Methoden der Informations- und Sozialwissenschaft angewendet; angefangen bei Inhaltsanalysen, Umfragen, Interviews bis hin zur Entwicklung und Programmierung von Systemen.

Im Verlauf der Jahre haben die Forscher:innen der Abteilung die folgenden Bereiche erforscht:

  • eLearning,
  • (emotionales) Information Retrieval,
  • Gamification,
  • Information and Sustainable Development,
  • Information Literacy,
  • Informetrics, Scientometrics, Altmetrics,
  • Knowledge Management,
  • Informational Cities,
  • Library Science,
  • Live Streaming,
  • Microblogging,
  • Open Data/Open Government,
  • Recommender Systems,
  • Smart Wearables and Health,
  • Social Media Use and Usage, und
  • Terrorism Research.

Im Folgenden sollen einige der Forschungsarbeiten komprimiert aufgeführt werden.

Im Bereich Information Behavior haben sich Mitarbeiter:innen mit verschiedenen Themen auseinandergesetzt. Angefangen mit dem Informationsverhalten von Asylbewerber:innen[5] bis hin zum Informationsverhalten und der Informationskompetenz in Video-Spielen[6] und im Gesundheitsbereich (Self-Tracking Technologien). Hierbei spielen Nutzer:innen eine wichtige Rolle. Ihr Verhalten sowie ihre Informationskompetenz werden aus verschiedenen Perspektiven näher untersucht. In den letzten Jahren hat sich neben diesen Themen insbesondere auch der Bereich der Social Live Streaming Services als ein Kernbereich der Düsseldorfer Informationswissenschaft herausgestellt. In diesem Zusammenhang wurde auch das Informationsverhalten näher analysiert, sowie die allgemeine Akzeptanz, Motivationen und Nutzungshintergründe. In diesem Kontext ist insbesondere das „Model for Information Behavior on Social Live Streaming Services“[7] entstanden.

Auch die Forschung über Bibliotheken ist ein wesentlicher Bestandteil der Düsseldorfer Informationswissenschaft. So wurde nicht nur untersucht, inwieweit Information Literacy Angebote in kanadischen und amerikanischen öffentlichen und akademischen Bibliotheken vermittelt werden[8], sondern auch, inwiefern das Thema Open Innovation für Bibliotheken eine Rolle spielt und wie dies die Rolle der Bibliothek verändern kann[9]. Aus der theoretischen und praktischen Auseinandersetzung mit dem Thema Informationskompetenz resultierte letztlich sowohl die Konzipierung und Validierung eines Information Literacy Assessment Instruments[10] als auch Lernmethoden zum Erwerb und der Förderung der Informationskompetenz[11]. Informationskompetenz ist in allen Altersstufen eine wichtige Fähigkeit. Insbesondere die Entwicklung einer Applikation zur Untersuchung des Verhaltens von Kleinkindern bezüglich der Medien- und Informationskompetenz liegt hierbei im Interesse der Düsseldorfer anwendungsorientierten Forschung.[12]

Ein eher jüngeres Thema, aber dennoch wichtiges Forschungsfeld, ist die Rolle der Informationswissenschaft im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung. Hier spielen vor allem die Informationsvermittlung und die Bereitstellung von Informationen eine wichtige Rolle. In den Studien wurden hierzu drei Faktoren näher analysiert: Die Nutzerschaft, die Bibliotheken und die Publikationslandschaft in Bezug auf die Disziplin Bibliotheks- und Informationswissenschaft. So wurde zum Beispiel herausgefunden, dass Forschungsartikel sich nicht nur auf nachhaltige Entwicklungen in und von Bibliotheken konzentrieren, sondern auch auf Informationssysteme[13]. Zusätzlich wurde aufgezeigt, dass insbesondere in der Phase der Implementierung von nachhaltigen Projekten, Bürger:innen mehrheitlich innerhalb eines in NRW basierten Projektes miteinbezogen wurden.[14]

Die Düsseldorfer Forschung ist ebenfalls für ihre Studien im Bereich Smart World Cities (Knowledge Cities) bekannt, in denen mehr als 31 Städte untersucht wurden.[15] Der informationswissenschaftliche Ansatz konzentriert sich hierbei besonders auf die Untersuchung der digitalen wie auch kognitiven Infrastruktur, die für die Digitalisierung und die Entwicklung einer Wissensgesellschaft einen ausschlaggebenden Faktor darstellt. Auf Basis empirischer Analysen wurden hier unter anderem, die Dienstleistungen der Bibliotheken[16] oder auch das Informationsangebot und die Nutzerfreundlichkeit von Regierungswebseiten[17] durchgeführt, welche als Grundlage zur Modellierung von Anforderungskatalogen an Informationsdienstleistungen in der Wissensgesellschaft dienen.

Mit der Entwicklung hin zur Wissensgesellschaft kann ein Wandel von einer geschlossenen zu einer offenen und transparenten Regierung in vielen Smart Cities beobachtet werden. Die Düsseldorfer Informationswissenschaft hat sich mit verschiedenen Aspekten von Open Government, der digitalen Transformation von Verwaltung und die Einbindung der Bürger:innen und Unternehmen, angesichts der Verwaltungsentscheidungen (Stichwort: Citizenship)[18] wissenschaftlich auseinandergesetzt.

Neben intensiver Forschung zur Facebook-Nutzung[19], auch im Vergleich zu VKontakte[20], wurde außerdem die Plattform Instagram in den letzten Jahren zunehmend zum Gegenstand Düsseldorfer Forschungsarbeiten. Ein Fokus liegt beispielsweise auf der Entstehung von Hashtags[21] oder ihren Anwendungsbereichen. Unter anderem werden verschiedene Kategorien näher untersucht, zum Beispiel die inhaltliche Beschreibung (Ofness/Aboutness) durch Hashtags, nicht-thematische Hashtags (Isness) oder wissenschaftlich falsch vergebene Hashtags. Dass die Düsseldorfer Informationswissenschaft auch auf gesellschaftliche Aktivitäten reagiert, zeigen mehrere Studien bezogen auf die Terrorattacken[22] „Charlie Hebdo“, „Paris Attacks“ und „Brussel Attacks“ oder gesellschaftliche Bewegungen wie „FridaysForFuture“[23]. Zur Düsseldorfer Social Media Forschung zählen auch Studien zu Plattformen wie Reddit, Jodel (anonymer und standortbezogener Social Media Dienst), YouNow, Pinterest und Twitch. Hierbei beziehen sich einige der untersuchten Aspekte auf nutzergenerierte Inhalte, die Motivation, Gratifikationen (Uses & Gratifications Theory), Akzeptanz und das Nutzerverhalten. Neben Plattform-fokussierten Studien wurde auch das Thema Fake News und Social Media in einigen Studien näher beleuchtet.[24]

Es werden allerdings nicht nur Themen aus der angewandten Informationswissenschaft intensiv erforscht, sondern auch Disziplinen wie die Informetrie weiter vorangetrieben. So werden nicht nur kritische Fragen hinsichtlich informetrischer Indikatoren gestellt[25], sondern auch bei einem internationalen Projekt, wie dem Metrics Literacies Projekt[26], mitgewirkt.[27] Ebenfalls beschäftigen sich die Düsseldorfer Kolleg:innen mit der Sichtbarkeit der Forschungsarbeiten von Publizierenden und den Herausforderungen, die die wissenschaftlichen Fachdatenbanken mit sich bringen.[28] Einen weiteren Bereich stellen informetrische Analysen über die Jemen-Forschung dar. Der Fokus liegt dabei darauf, die Jemen-Forschung in Deutschland mithilfe von bibliometrischen Indikatoren und Methoden abzubilden.[29]

Auch im Bereich des Gesundheitswesens hat sich die Düsseldorfer Informationswissenschaft ein Standbein aufgebaut. Dabei spielen die Komponenten „Nutzer:in und Technologie“ sowie „Nutzer:in und Information“ eine wichtige Rolle. Angefangen bei der Forschung über die Akzeptanz und die Nützlichkeit, den Motivationshintergründen, dem Datenschutz bis hin zum Informationsverhalten wird das Thema Self-Tracking Technologien vielfältig aus der Düsseldorfer Perspektive untersucht.[30] Insbesondere beim Thema Datenschutz wird aufgezeigt, dass Informationsrecht vermehrt in den Düsseldorfer Studien thematisiert wurde, zum Beispiel das die Gesetzesübertretungen innerhalb von Social Live Streaming Diensten stattgefunden haben.[31]

Information Retrieval kann aus verschiedenen Perspektiven näher beleuchtet werden. In Düsseldorf wurde insbesondere das emotionale Retrieval tiefergehend untersucht. Hierbei wurde eine Suchmaschine aufgebaut, die darauf fokussiert ist, emotionsbehaftete Dokumente zu identifizieren. So sollen Nutzer:innen in der Lage sein, anhand von Emotionen nach Dokumenten zu suchen[32]. Neben Suchmaschinen für emotionsgeladene Inhalte spielt auch Virtual Reality allgemein in der Wissenschaft und im Bereich des Information Retrievals eine wichtige Rolle. Wie kann eine Suchoberfläche in Virtual Reality gestaltet werden und was muss hierbei beachtet werden? Ein systematisches Literaturreview sollte hierzu erste Erkenntnisse und Informationen liefern[33].

Dies war ein komprimierter Einblick in die Forschung und Lehre der Düsseldorfer Informationswissenschaft. Die Düsseldorfer Informationswissenschaft ist insbesondere bis 2019 durch die Visionen und Impulse von Professor Dr. Wolfgang G. Stock[34], ehemaliger Leiter der Abteilung, geprägt. Auch heute ist Prof. Stock noch aktiv in der Forschung und pflegt nicht nur weiterhin den Kontakt zu seinen langjährigen Forschungskolleg:innen in Graz, mit denen die Düsseldorfer Informationswissenschaft seit Jahren gemeinsam forscht[35], sondern war dort auch Gastprofessor im Wintersemester 2019/2020 und 2020/2021. Natürlich wird auch noch stets mit den Düsseldorfer:innen fleißig zusammengearbeitet. Die Düsseldorfer Informationswissenschaft schätzt bis heute die internationalen Kooperationen und insbesondere mit den ehemaligen Kolleg:innen weltweit.

Kontaktperson: Dr. Aylin Imeri

Referenzen

[1] https://asistdl.onlinelibrary.wiley.com/doi/pdf/10.1002/pra2.2016.14505301124

[2] https://www.hhu.de/news-einzelansicht/praxis-trifft-auf-wissenschaft / https://www.pressrelations.com/blog/de/medienanalyse-einblicke-in-den-newsradar

[3] https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/hir.12361

[4] https://idw-online.de/de/news?print=1&id=543321 / https://ieeexplore.ieee.org/document/7427286/authorshttps://www.diva-portal.org/smash/get/diva2:1278377/FULLTEXT01.pdf#page=81

[5] https://www.degruyter.com/document/isbn/9783110672022/html

[6] https://www.youtube.com/watch?v=vwyYmcs3jTE

[7] https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-319-91485-5_33

[8] https://asistdl.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/pra2.2015.145052010036

[9] https://scholarspace.manoa.hawaii.edu/bitstream/10125/50411/paper0524.pdf

[10] https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-319-14136-7_55

[11] https://zenodo.org/record/17977#.YizEBS9XY6U

[12] http://docplayer.net/138758804-Exploring-media-and-information-literacy-in-early-childhood-with-a-digital-app.html

[13] https://www.emerald.com/insight/content/doi/10.1108/JD-02-2019-0021/full/html

[14] https://www.mdpi.com/2413-8851/4/1/13/htm

[15] https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783110577662/html?lang=de

[16] https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/libri-2013-0024/html

[17] https://linkinghub.elsevier.com/retrieve/pii/S0740624X16301356

[18] https://dl.acm.org/doi/10.1145/3184558.3191518

[19] https://library.oapen.org/bitstream/handle/20.500.12657/32146/615495.pdf?sequence=1

[20] https://www.researchgate.net/profile/Katsiaryna-Baran/publication/291350849_Facebook_has_Been_Smacked_Down_The_Russian_Special_way_of_SNSs_Vkontakte_as_a_Case_Study/links/56a1ff1108ae2afab884ba4d/Facebook-has-Been-Smacked-Down-The-Russian-Special-way-of-SNSs-Vkontakte-as-a-Case-Study.pdf

[21] https://scholarspace.manoa.hawaii.edu/bitstream/10125/64080/0273.pdf

[22] https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-319-58559-8_26

[23] https://journals.sagepub.com/doi/full/10.1177/01655515211063620

[24] https://www.koreascience.or.kr/article/JAKO201920461984556.page

[25] https://link.springer.com/article/10.1007/s11192-021-03968-1

[26] https://www.scholcommlab.ca/research/metrics-literacies/

[27] https://zenodo.org/record/5101306#.YijDdy1Q14I

[28] https://www.mdpi.com/2304-6775/6/1/7

[29] https://www.researchgate.net/publication/338660114_Eine_bibliometrische_Untersuchung

[30] https://open.spotify.com/episode/6n0gQonHupNlkb9HFCgVnJ?si=TOIrP4sEQVO5q7Jf_LwcnQ

[31] https://dl.acm.org/doi/abs/10.1007/978-3-319-58460-7_40

[32] https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/iwp-2012-0050/html

[33] https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0246398

[34] Pensionierung im Jahr 2019

[35] https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/iwp-2017-0060/html

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